Konferenz in Kasachstan über Asbest und Gefahren für die Gesundheit - WECF

Sonntag, den 03. Mai 2009 um 18:03 Uhr Redaktion
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Kasachstan, zweitgrößter Erzeuger von Weißasbest, diskutiert erstmals öffentlich auf einer High Level Konferenz in Kasachstan über Asbest und Gefahren für die Gesundheit - WECF spricht von historischem Ereignis
Astana/Kasachstan, München 24.4.2009

Erstmals in der Geschichte Kasachstans haben Vertreter der kasachischen Regierung und der Asbestindustrie, zusammen mit Vertretern der Weltgesundheitsorganisation, ausländischer Botschaften und Regierungen, Wissenschaftler sowie Nichtregierungsorganisationen in Kasachstan einen öffentlichen Dialog zum Thema Asbest und dessen Risiken für die menschliche Gesundheit geführt.

Kasachstan ist der zweitgrößte Produzent von Weißasbest weltweit.


Informationen über Gesundheitsrisiken durch Asbest sind der Öffentlichkeit bis dato nicht zugänglich. Auf der Tagesordnung standen Strategien für den Umgang mit Asbest und persistenten organischen Stoffen (POPs).

Die Konferenz verabschiedete eine Resolution zu Asbest und POPs. Darin wird die Regierung von Kasachstan aufgefordert, an einem „Nationalen Programm zur Beseitigung asbestbedingter Krankheiten“ der WHO und ILO teilzunehmen. Des weiteren fordert die Konferenz die Regierung von Kasachstan auf, über eine Aufnahme von Weißasbest in den 3 Annex der Rotterdam Konvention nachzudenken.

Die Expertenkonferenz zu „Asbest und POPs – Politik und Praxis in Kasachstan und der Europäischen Union“, die in dieser Woche mit 75 Teilnehmern in Astana, Kasachstan stattgefunden hat, wurde vom europäischen Umwelt- und Frauennetzwerk WECF - Women in Europe for a Common Future und deren kasachischen Partnerorganisation Eco Forum organisiert. Mitfinanziert wurde die Konferenz von der Europäischen Kommission in Kasachstan und vom deutschen Umweltministerium.

Asbestos in Kasachstan

Asbest ist ein sehr sensibles Thema in Kasachstan. Kasachstan ist weltweit der zweitgrößte Produzent von Weißasbest. Mehr als 220 000 metrische Tonnen werden jährlich produziert.

Gegenwärtig werden in Kasachstan Materialen, die Asbest enthalten, uneingeschränkt in öffentlichen Gebäuden wie Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen, in Bremsen und anderen Bereichen genutzt.

Die UN Organisation ILO (International Labor Organisation) schätzt, dass weltweit jährlich circa 100.000 Menschen an den Folgen asbestbedingter Krankheiten sterben. „Auch Weißasbest, wie er in Kasachstan produziert wird, kann nach Untersuchungen der International Agency of Cancer, Mesothelioma, Lungen-, Kehlkopf- und Eierstockkrebs hervorrufen“, bestätigt Ivan Ivanov, der als Vertreter der WHO an der Konferenz teilnahm.

Bittere Erfahrungen der Konfernzteilnehmer Norbert Jousten, der Leiter der Delegation der Europäischen Kommission in Kasachstan betonte auf der Konferenz gegenüber dem neuen stellvertretenden kasachischen Umweltminister Majit Turmagambetov die Wichtigkeit dieser erstmals stattfindenden Konferenz. Die Konferenz behandle, so Jousten, ein äußerst wichtiges und sensibles Thema für die öffentliche Gesundheit. Der französische Botschafter Alain Couanon verglich die Situation Kasachstans mit der seines eigenen Landes.

Neben 40 weiteren Ländern hat Frankreich die Verwendung von Asbest verboten. Couanon bestätigte, dass in Frankreich mittlerweile mehr als 35 000 Menschen an asbestbedingten Krankheiten gestorben seien, in den nächsten Jahren könne die Zahl bis auf 100 000 ansteigen. Der Botschafter der Niederlande van der Tempel ergänzte, dass auch sein Land ein großer Nutzer von Asbest war, obwohl bereits seit den 1930er Jahren Asbest mit Lungenerkrankungen in Zusammenhang gebracht wurde. Als Folge der Nichtbeachtung der Fakten haben die Niederlande in die medizinische Behandlung von Asbestopfern und die Beseitigung von Asbest mehr als 32 Milliarden Euro investiert – ganz abgesehen von den ebenfalls vielen Asbesttoten. „Hätten wir bereits in den 1960er Asbest verboten statt erst 1992, hätte das 32 000 Leben retten und viel Geld sparen können“, bedauert van der Tempel.

Der Vertreter des deutschen Bundesumweltministeriums Alexander Nies erklärte, dass es in Ländern wie Kasachstan, in denen es immer noch eine Weißasbestindustrie gibt, von äußerster Wichtigkeit sei, adäquate Maßnahmen zum Risikomanagement zu installieren. Würde Weisasbest in die Rotterdam Konvention aufgenommen werden, könnten Importländer über Risiken informiert werden, auf deren Basis sie Entscheidungen zum Schutz ihrer Bürger treffen könnten. Ferner würde die Listung von Weißasbest in der Rotterdam Konvention den Austausch zwischen Asbestexport- und –importländern und der kasachischen Regierung darin unterstützen mit ihren Handelspartnern ins Gespräch zu kommen.

Kaisha Athakanova, Präsidentin des kasachischen Umwelt Eco Forum und Sascha Gabizon Direktorin von WECF, zeigten sich äußerst zufrieden mit dem Ergebnis der Konferenz: „Die gemeinsame Resolution ist ein Meilenstein für Kasachstan hinsichtlich des Asbests. Niemals zuvor waren mögliche Gesundheitsgefahren durch Weißasbest überhaupt Thema eines öffentlichen Dialogs. Eine wirkliche historische Konferenz, die eine Tür in die richtige Richtung aufgestoßen hat.“

Quelle: WECF Deutschland - Women in Europe for a Common Future

WECF, Women in Europe for A Common Future, ist ein Netzwerk aus 100 Frauen- und Umweltorganisationen in 40 Ländern Europas, Zentralasiens und des Kaukasus und setzt sich in den Bereichen Chemikalien, Wasser und Sanitation, Landwirtschaft und Energie für eine Gesunde Umwelt für alle ein. WECF nutzt das Potential von Frauen, um Umwelt, Gesundheit und Ökonomie in Balance zu bringen. WECF unterstützt mit Partnerorganisationen konkrete Bedürfnisse der Menschen vor Ort, setzt lokal praktische Lösungen um und beeinflusst Politik auf internationaler Ebene. WECF hat UN-Status und ist offizieller Partner des Umweltprogramms der Vereinten Nationen UNEP.