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Bauer heilt Klima ("Anstatt mit Giften Lebensmittel zu erzeugen, wird die Landwirtschaft wieder ein Mittel zum Leben")

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Wir haben einen Traum, ein Ziel. Für dessen Erfüllung werden wir unsere besten Jahre gegeben haben. Wenn es gelingt, werden bis 2020 – zumindest in der Schweiz - die meisten Landwirte Klimafarming betreiben.

Mit Hilfe von Pflanzen und hoher Biodiversität werden sie mehr CO2 aus der Atmosphäre entziehen und dauerhaft im Boden speichern, als sie durch Landmaschinen, Düngung, Viehhaltung und falsche Bodenbearbeitung emittieren.

Klimafarming allerdings ist weit mehr als eine Antwort auf die Erwärmung des Klimas und die zu hohe Konzentration von CO2 in der Atmosphäre. Klimafarming zielt ins Herz der Landwirtschaft, indem es die Bauern aus der Feindschaft zur Natur herausholt und auf ihre natürliche Intelligenz baut, um die Kreisläufe des Lebens zu stärken. Mit Klimafarming webt sich der Bauer in die Natur zurück. Anstatt mit Giften Lebensmittel zu erzeugen, wird die Landwirtschaft wieder ein Mittel zum Leben.

Durch die Förderung der biologischen Vielfalt knüpft Klimafarming natürliche Netzwerke zwischen Kultur- und Wildpflanzen, zwischen Wurzeln und Mikroorganismen, zwischen Tieren und Pflanzen, zwischen Boden und Luft. So werden aus den heute noch trist und krank daliegenden Monokulturen wieder selbstregulative Ökosysteme. Nur wo Vielfalt herrscht, ist die Anpassungsfähigkeit des Systems hoch genug, um auf Gefahren, die von aussen oder innen drohen, nachhaltige Verteidigungswege zu finden. Die Teilhabe des Menschen an diesem Ökosystem wird sich nicht mehr bloß darauf beschränken, der Natur seinen beschränkten Willen aufzuzwängen. Die Komplexität der Netzwerke des Lebendigen wird der Einfalt wirtschaftlicher Rationalisierungen widerstehen.

Erst wenn wir unseren Kleinlichkeitstrieb überwinden und es ertragen, dass die Komplexität der Natur unser Abstraktionsvermögen übersteigt, begreifen wir auch unsere Verantwortung dafür, die Komplexität zu schützen, anstatt sie in sterilisierte, gleichmäßig klassifizierbare Einheiten aufzulösen.

95 Prozent allen Lebens auf Erden ist für das bloße Auge nicht sichtbar und hat somit im Königreich der Einfalt den größten Spielraum zivilen Ungehorsams. Doch schlimmer als das Tränengas, mit dem die Aufstände gegen Atomkraft, gegen global agierende Banken oder gegen den Krieg um Öl zerschlagen werden, zerstören Pestizide blindlings alles, was unsichtbar im Untergrund atmet. Aus Sprengstoffen wurden nach dem ersten Weltkrieg Düngemittel, aus Giftgasen Pflanzenschutzmittel. Agent Orange, das den Regenwald Vietnams entlaubte und bis heute missgestalte Kinder zur Welt bringen lässt, wurde von weltgrößten Produzenten für Pflanzenschutzmittel, Monsanto, hergestellt. Um nun die Gewinne an der Auslöschung des planetaren Lebens zu maximieren, konzipiert Monsanto derweil Saatgutzombies, die resistent gegen profitable Gifte sind, sich lediglich von Düngemitteln in toten Böden ernähren und so steril sind, dass kein Bauer daraus eigenes Saatgut gewinnen kann.

Das Klima, dem sich das Klimafarming widmet, betrifft nicht nur die Luft, die wir atmen und als einziges Lebensmittel vorerst noch kostenlos genießen, sondern betrifft in nicht minderem Maße das geistige, das soziale und das gesellschaftliche Klima. Denn in einer Landwirtschaft mit hoher biologischer Vielfalt findet auch der Mensch wieder seinen Platz. Nicht als Zerstörer, sondern als lenkender Förderer des Lebens.

Endlich wird der Bauer sich im schöpferischen Werk mit der Natur als Selbst erfahren. Sein Tagewerk wird zum Stolz und Spiegel seines Wesens. Auf eigenem Boden mit vielfältigsten Mischkulturen, eigenem Saatgut, ohne Pestizide und mit intelligenter Humuswirtschaft kann ein Bauer in Indien bis zu 20 Personen von einem Hektar Land versorgen. Die einzigen Kosten, die er hat, sind die Arbeitskraft seiner Familie und die Reparatur seiner Werkzeuge, für alles andere sorgt die Natur.

Der Bauer wird wieder zum Gärtner der Vielfalt, anstatt wie in den letzten 50 Jahren zum Untertanen agrochemischer Einfalt. Seine Kunden werden keine gesichtlosen Variablen des Weltmarkts mehr sein, sondern Partner im Hier und Jetzt. Der Bauer wird wieder für sein Produkt einstehen und zugleich den Stolz seiner Schöpferkraft wiederfinden, wenn er die Kinder seiner Kunden sieht, die ihre Lebenskraft aus seinen Lebensmitteln ziehen.

Die vielfältigen Produkte seiner Naturwirtschaft treffen in den Kunden seiner näheren Umgebung wieder Partner, deren Genuss an den Früchten seiner Arbeit unmittelbare Wertschätzung für sein Tun bedeutet. „Im Schweiße deines Angesichts“ heißt eben nicht nur, dass man sich bis zur Erschöpfung abmüht, sondern dass die Anstrengung sich im Tageswerk als Selbsterfüllung widerspiegelt.

Klingt dies zu sozialromantisch für die Ohren der Industriegesellschaft? Wenn ja, so würde nichts anderes als ein ungeheuerlicher Zynismus die Tatsache unterstreichen, dass in Indien alle 8 Stunden ein Bauer Selbstmord begeht,  weil er sich Monsantos Saatgut sowie die dazugehörigen Pestizide für die aufgezwungene Monokultur nicht mehr leisten kann, weil seine nackten Böden erodiert, von Düngemitteln ausgelaugt und von falscher Bewässerung versalzen sind. Weil er seine Kredite nicht abbezahlen kann und es nicht mehr erträgt, seinen hungernden Kindern in die Augen zu schauen.

In Europa und Amerika gehen wir mit unseren Böden und landwirtschaftlichen Ökosystemen nicht besser um. Die Zerstörungskraft unserer Blindheit hat apokalyptisches Ausmass angenommen. Wir können uns nur noch ernähren, indem wir unsere Nahrungsmittel mit hochpotenten Giften einsprühen, vor deren gesundheitsschädigende Wirkung sich der Bauer mit Schutzanzügen bewahren muss. Flüsse und Grundwasser sind mit Pestiziden und Düngemitteln verseucht, die Böden haben Dreiviertel ihres Humusgehaltes und über 90 Prozent ihrer mikrobiellen Aktivität verloren. Wir setzen durch den Einsatz von Traktoren, Düngemitteln und Pestiziden mehr Energie ein, als wir aus den landwirtschaftlichen Produkten in Form von Nahrungsmitteln wieder gewinnen. Die gesamte Landwirtschaft ist zu einem hochdefizitären Wirtschaftszweig geworden, der nur durch direkte und indirekte Subventionen und eine ungeheure Anhäufung von Schulden sowohl gegenüber unseren Kindern als auch gegenüber der Geschichte des Planeten getragen wird.

Geld verdient man in der derzeitigen Wirtschaftslage nur mit denjenigen Gütern, die niemand wirklich braucht. Autos, Mobiltelefone, Mode, Aktien, Steuerberatung, Nahrungsergänzungsmittel. Einzig Grundnahrungsmittel müssen subventioniert werden, damit die Abhängigkeit der monokulturell wirtschaftenden Bauern von der Pestizid-, Saatgut, Düngemittel- und Ölindustrie aufrecht erhalten werden kann. Dass in Indien, Senegal, Bolivien sich die Bauern aus diesem Korsett befreien und wieder mit Mischkulturen, eigenem Saatgut und Humuswirtschaft  die Stabilität des eigenen Ökosystems zu erhalten suchen, bringt sie in eine Position, die der bevorstehenden Krise mehr entgegenzusetzen vermag, als die von Öl, Chemie und Subventionen abhängige Industrielandwirtschaft der sich selbst zerstörenden ersten und zweiten Welt.

Im Zeitalter des Klimafarmings wird die Landwirtschaft wieder zur materiellen Grundlage der Gesellschaft. Die Landwirtschaft wird nicht mehr nur missachteter Produzent von Nahrungsmitteln sein, sondern als hoch intelligentes Bindungsglied zwischen Kultur und Natur den Lebensraum für die Menschheit bewahren. Aus Pflanzen werden nahrhafte Lebensmittel hergestellt, und über das Verfahren der Pyrolyse lassen sich Energie sowie Biokohle gewinnen, die zudem dauerhaft CO2 aus der Atmosphäre entzieht. Das Entscheidende jedoch wird sein, dass durch die Förderung der Biodiversität in den landwirtschaftlich genutzten Flächen die irdischen Ökosysteme wieder stabilisiert und die Lebensräume wieder lebenswert werden. Der Mensch wird nicht mehr der Natur und seiner selbst entfremdet sein, sondern ein gleichwohl labiles Gleichgewicht zwischen seinen Handlungen, Empfindungen und Bedürfnissen finden.

Mit Landwirtschaft in hoher Biodiversität wird die Natur endlich wieder mehr als nur das schlechte Gewissen der Kultur sein. Zu lange war die Natur lediglich das Unbehagen dessen, der sich am liebsten als Maschine und deren alles beherrschender Führer ansah.

Eines unserer Hauptziele werden wir erreicht haben, wenn wir endlich keine ökologischen Ausgleichsflächen und keine Naturreservate mehr brauchen, in denen die Natur lediglich überlebt, weil dem Menschen der Zugang verwehrt wird. Denn es muss in den landwirtschaftlichen Flächen selbst eine so hohe ökologische Qualität und Biodiversität herrschen, dass diese Flächen alle Anforderungen an einen von höchster Artenvielfalt geprägten Naturpark erfüllen.

Ist wirklich utopisch, was in jedem Garten und jedem Feld erfolgreich verwirklicht werden kann?

Quelle & (C): Nachhaltigkeit.org ^
Mit freundlicher Genehmigung vom Autor: Hans-Peter Schmidt, Delinat-Institut für Ökologie & Klimafarming

 

 

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